System sichert erstes bewegliches Stadion-Dach in Lille
In der Stadt Lille entsteht derzeit ein neues Fußballstadion, um Kapazitäten für die Fußball-Europameisterschaft zu schaffen, die im Jahr 2016 in Frankreich ausgetragen wird.
Die flexible Einsatzmöglichkeit des Stadions wird unter anderem durch eine besondere Hebebühne auf der Nordseite des Fußballfeldes ermöglicht, unter der sich eine Veranstaltungsarena mit weiteren Tribünen für knapp 30.000 Besucher befindet.
Das einschiebbare Dach des Stadions wird von zwei Haupt-Stahlfachwerkträgern getragen, die über zwei Querträger aus Stahlfachwerk verbunden sind. Weitere Querträger sind fahrbar auf den Hauptträgern angeordnet und ermöglichen ein Öffnen und Schließen der beiden Dachhälften in nur 30 Minuten.
Die beiden längsseits verlaufenden Hauptträger haben eine Spannweite von ca. 205 m und eine Höhe von 16 m. Die Untergurte dieser Fachwerkträger enthalten zur Erhöhung der Tragkraft und zur Begrenzung der Durchbiegung je fünf Spannglieder, die zwischen den Untergurtblechen verlaufen und in den Knotenpunkten verankert sind. Zwei Spannglieder mit je 55 Litzen verlaufen über die gesamte Länge der Untergurte, und drei Spannglieder mit je 37 Litzen verstärken den mittleren Bereich des Untergurts.
Vor allem im Bereich der beiden Trägerenden wird der Untergurt am letzten Knotenpunkt nach oben geführt, und die Spannglieder werden um ca. 15° umgelenkt. Hierzu wurde von DYWIDAG ein spezieller Umlenksattel entwickelt, in dem die 55 PE-ummantelten Litzen einzeln geführt werden. Der Umlenksattel besteht aus einem äußeren verzinkten Stahlrohr, in dem einzelne PE-Röhrchen eingebracht sind. Der Zwischenraum zwischen Stahlrohr und PE-Röhrchen ist mit ultrahochfestem Zementmörtel gefüllt. Dieser vorgefertigte Umlenksattel verläuft in einem weiteren gekrümmten Stahlrohr, welches mit dem Stahlträger verschweißt ist.
Durch die individuelle Umlenkung wird erreicht, dass sowohl einzelne Litzen als auch der gesamte Umlenksattel austauschbar sind. Derartige Umlenksättel wurden bereits bei Schrägseil- bzw. Extradosed- Brücken eingesetzt, bei denen jedoch gefordert wird, dass bei Laständerung keine Relativverschiebung der Litzen mit dem Sattel stattfindet. Bei der vorliegenden Anwendung wird eine derartige Relativverschiebung mit minimaler Reibung explizit gewünscht. Diese Verschiebung ergibt sich aus der Kraftänderung im Spannglied infolge der veränderlichen Dachöffnung.
Zur Ermittlung der Reibung und auch als Nachweis der Dauerhaftigkeit des PE-Mantels der Litzen sowie der Tragfähigkeit der Umlenksättel wurden im Prüflabor der DSI in Unterschleißheim ein umfangreiches Testprogramm mit bis zu 10.000 Lastwechseln in Abstimmung mit dem Auftraggeber und unter Aufsicht der Bundeswehruniversität München erfolgreich durchgeführt.
Für dieses Großprojekt kamen verzinkte, gewachste und PE-ummantelte Schrägseillitzen 0.62" mit einer Nennzugfestigkeit von 1860 N/mm² in HDPE-Hüllrohren zum Einsatz. DYWIDAG lieferte 8 Umlenksättel für 55 Litzen und insgesamt 20 DYNA Grip-Verankerungen vom Typ DG-P 37 bzw. DG-P 55, die sonst bei Schrägseil- oder Extradosed- Brücken eingesetzt werden.
An allen Spanngliedern befinden sich DYWIDAG Smart Tendons (alt DYNA Force-Sensoren), die eine kontinuierliche Überwachung der Litzenkräfte ermöglichen. Dafür werden an definierten Litzen in der Nähe der Verankerungen insgesamt 38 DYWIDAG Smart Tendons (alt DYNA Force-Sensoren) montiert, die über mehrere Multiplexer mit einer Ableseeinheit im Kontrollraum des Stadiondachs verbunden sind.
DYWIDAG freut sich darüber, dass das DYNA Grip-System seine Vielseitigkeit bei diesem Großprojekt erfolgreich unter Beweis stellen konnte und zeigt, dass Spannglieder nicht nur im klassischen Bereich des Spannbetons, sondern auch bei reinen Stahlkonstruktionen sinnvoll eingesetzt werden können.
Die Fertigstellung des Stadions ist für Juli 2012 geplant.